E wie Erkältung und Entzündung (von Stefanie Mollnhauer, www.pro-formance.de)
Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift "condition" 03/04 aus dem Meyer&Meyer Verlag, Aachen.
Ich bedanke mich bei der Autorin Stefanie Mollnhauer für die freundliche Genehmigung, diesen Artikel auf meiner Internetseite zu veröffentlichen.
Das Copyright liegt bei der Autorin.

Wer kennt nicht eine der folgenden Situationen? Die Vorbereitungen für den nächsten Wettkampf laufen hervorragend, die neue Bestzeit ist fest im Visier und einen Tag vor dem Tag X macht sich ein deutliches Kratzen im Hals bemerkbar kombiniert mit einer gewissen "Schlappheit". Stellt sich die Frage: Beim Wettkampf starten oder nicht? Oder: Die guten Vorsätze für das neue Jahr haben für vier Wochen Training gelangt, dann jagte ein Infekt den nächsten. Frage: Gibt es einen Zusammenhang mit meinem Training und wann darf ich wieder einsteigen?

Im Fall des letzten Beispiels sollte zunächst Ursachenforschung betrieben werden. Sprich, wieso sind Sie so oft erkältet? Haben Sie Kleinkinder, wird sich dies kaum vermeiden lassen. Kommen Infekte gehäuft vor, sollte grundsätzlich auch der Lebensstil hinsichtlich ausreichend Schlaf, weniger Stress, ausreichender Regeneration, angemessener Bekleidung während und nach dem Sport und einer gesunden Ernährung überdacht werden. Es ist nachgewiesen, dass nach intensiven und/oder langen Ausdauerbelastungen das Immunsystem daniederliegt, man spricht vom "open window" für Krankheiten. Für die Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass man sich nach Wettkämpfen, dem langen Dauerlauf mit dem Lauftreff oder den Tempoläufen anschließend nicht noch stundenlang in den nassgeschwitzten Sportklamotten über dies und das unterhält, sondern sich so schnell wie möglich umzieht und warm hält. Auch die Aufnahme eines kleinen kohlenhydratreichen Snacks (z. B. Banane, Energieriegel) unmittelbar im Anschluss an die Belastung konnte in Studien deutlich positive Effekte auf das Immunsystem zeigen. Auch eine "chronische" Überforderung im Training schwächt das Immunsystem, während ein moderates Ausdauertraining Infektionskrankheiten vorbeugt:

Richtlinie ist das so genannte "J"-Modell" :
Moderates Training ist hier definiert als eine drei- bis fünfmal wöchentliche Ausdauerbelastung von jeweils 30 bis 45 Minuten im aeroben Bereich bzw. als ein zusätzlicher Energieverbrauch von 2500 kcal pro Woche durch das Training.

Gerade für Laufanfänger ist deshalb wichtig: Finden Sie Ihr eigenes Tempo, hetzen Sie nicht hinter anderen z. B. im Lauftreff oder Trainingscamp her. Dies wird Sie auf Dauer weder seitens Ihrer Leistungsentwicklung noch seitens Ihrer Gesundheit nach vorne bringen. Haben Sie vielmehr den Mut, das für Sie zu hohe Tempo anzusprechen. Erfahrungsgemäß werden sich immer weitere Mitstreiter finden, die sich ebenfalls überfordert fühlen, aber nicht den Mut haben, etwas zu sagen.

Da es sehr viele verschiedene und unterschiedlich schwerwiegende entzündliche Prozesse gibt, ist eine Pauschalempfehlung nicht möglich! Vorweg kann aber schon gesagt werden, dass ein Ausdauertraining nicht immer unterbrochen werden muss, vorausgesetzt der Prozess ist lokal begrenzt. Vorsicht ist jedoch immer geboten! Gerade bei Infektionskrankheiten ist jedoch nicht immer leicht zu erkennen, ob der Prozess noch lokalisiert ist oder schon den ganzen Körper befallen hat.

Im Folgenden eine kleine Übersicht über verschiedene Infekte und die empfohlene Verhaltensweise:
 
Art des Infektes Kriterien  Empfehlung
"Banale" Erkältung laufende Nase, leichter Reizhusten, "Kratzen" im Hals, kein Fieber, kein schweres Krankheitsgefühl Keine Tempoläufe und Wettkämpfe, lockere  Dauerläufe erlaubt, danach langsam wieder in das normale Training einsteigen
Virusinfekt der Atemwege wässriger Schnupfen, rote, nicht eitrig belegte Mandeln, evtl. Fieber  Bei Krankheitsgefühl oder Fieber: Kein Sport!
Bei Fieber:(Bett-)Ruhe und fiebersenkende,
konservative Mittel wie Wadenwickel, sonst: siehe oben
Hochfieberhafter bakterieller Infekt Fieber, Eiterherd, wie eitrig belegte Mandeln, schweres Krankheitsgefühl  Sportverbot, Arzt konsultieren!
Lockeres Training frühestens drei bis vier Tage nach Absetzen des Antibiotikums oder
Abklingen der Symptome erlaubt.
Häufige Infekte mehr als fünf bis zehn Infekte pro Jahr; je nach Alter  Arzt aufsuchen: Immunstatus überprüfen
lassen, Lebensweise, Ernährung überdenken
Zahnarzt aufsuchen: Häufig liegt der
Infektionsherd im Zahnbereich
 

In jedem Fall gilt also ein Sportverbot bei einem Infekt mit Fieber, Krankheitsgefühl, Schüttelfrost, Gliederschmerzen und "schweren Beinen", starken Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit.

Außer den "klassischen" Infektionskrankheiten gibt es natürlich auch andere entzündliche Erkrankungen. Jeder Prozess birgt prinzipiell die folgenden Gefahren:

- Gesundheitsgefährdung durch Befall innerer Organe.
- Wiederkehrende Infektion. Chronische Infektion.
- Übertrainingssyndrom durch eine relative Überbelastung.
- Unnötig lange Leistungseinbuße.

Auch im Blut gibt es Hinweise, die einen vom Training abhalten sollten, wie eine stark erhöhte oder verminderte Zahl der weißen Blutkörperchen, eine erhöhte Aktivität von Immunzellen, oder eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit.
Lassen Sie also bei Entzündungen stets Vorsicht walten und machen Sie lieber ein Blutbild als ein Training zu viel!

Text: Stefanie Mollnhauer (mollnhauer@pro-formance.de)