Geschichte des Amateurfunkpeilens

Das Amateurfunkpeilen – früher als Fuchsjagd bezeichnet – ist fast genauso alt wie der Amateurfunk selbst. Anders als zur heutigen Zeit, in der die sportliche Komponente überwiegt, diente das Peilen in den zwanziger und dreissiger  Jahren des letzten Jahrhunderts mehr der Erkundung der Ausbreitungsbedingungen im Kurzwellenbereich.

1924 erfuhren die OMs der Funksportgruppe im Süddeutschen Radio-Klub, daß begeisterte Funksportler in der Schweiz die Ausbreitungsbedingungen von Funkwellen in einer besonderen Art untersuchten. Damals wußte man noch wenig von den Gesetzen der Wellenausbreitung, und so wanderten die OMs mit ihren Geräten öfters in exponiertes Gelände, um Empfangsversuche zu machen. Die Münchner schleppten ihre Geräte in die Eisregionen des Hochgebirges, in Moore, in tiefe Wälder und in Berghöhlen.

So etwas galt damals bereits als "superklein"

Um immer mit gleichen Empfangsbedingungen zu operieren, hatte man schon frühzeitig kunstvolle Rahmenantennen gefertigt. Die Schweizer Freunde wollten nun die Ausbreitung der Wellen über Wasser erkunden. Damit die Empfängeroperateure unbeeinflußt Messungen ausführen konnten, installierte man einen Versuchssender auf einem Boot, dessen Standort den Empfängern unbekannt und die gleichfalls auf Booten postiert waren. Die Empfänger hatten neben der Messung den Auftrag, das Senderboot mittels richtungsuchender Bedienung des Empfangsrahmens zu orten und zu finden. Die Schweizer luden die Münchner OMs ein, die Fuchsjagd im Jahre 1924 auf dem Vierwaldstätter See mitzuerleben.  

Fuchsjagd 1926 in Starnberg/Obb. : Der Beiwagen ist vollgepackt

Die Münchener OMs kamen so begeistert von dieser Veranstaltung zurück, daß im Klub ein ähnliches Experiment beschlossen wurde. Zwei Jahre später war es soweit. Im Sommer 1926 wurde ein Fuchs auf einem Motorboot montiert. Es war Nacht. Im Starnberger See nahm der Fuchs Kurs auf die Roseninsel. Im Schilf suchte er Deckung. In kurzen Abständen funkte er seine Kennung. Die acht Peilboote trugen etwa 30 begeisterte Jäger übers Wasser. Sie alle hörten den Fuchs in ihren Kopfhörern und versuchten, ihn mit mehr oder weniger Glück zu peilen. Von keinem Jäger wurde jedoch der Fuchs geortet und deshalb auch nicht gefunden. Die Boote und die Empfänger pflügten die Wellen ohne Erfolg. Erst Jahre später erkannte man den Antenneneffekt, der das "Schielen" der Peilung verursachte. Wie viel Mühe war aufgewendet worden. Die Peilrahmen waren zum Teil auf Stoff genäht, die Boote durften nur Glühzünder-Diesel-Motoren besitzen, damit keine Zündfunkenstörungen auftraten, die Gendarmerie war von dem redlichen Treiben informiert, und zuletzt ist auch der Proviant nicht vergessen worden. Aus den Erfahrungen dieses Mißerfolges wurden neue Chancen errechnet. Der Fuchs wurde mobil gemacht und eifrige Peilversuche mit neuen "Apparaten" und Rahmen ließen einen neuen Start erfolgversprechend erscheinen. Versuchspeilungen auf dem Oberwiesenfeld-Flugplatz mit stationärem Fuchs folgen. 

1928: In Berg am Starnberger See wurde der Fuchs in einer Bootshütte stationär versteckt. Es war Nacht, trübes Wetter verhinderte jede Sicht. Die Jäger starteten in Starnberg. Die Boote gingen auf eine etwa 4 bis 8 km lange Reise. Zum Orten bedurfte es mehrerer Kreuzfahrten. Der Fuchs wurde von fast allen gefunden.

Im Peilboot bei der Fuchsjagd 1928 auf dem Starnberger See  

 

In den 30er Jahren arrangierte man Jagden zu Fuß, zu Fahrrad und mobil, bei denen bis zu 100 Teilnehmer am Start waren. In den 50er und 60er Jahren wurden Mobilpeilwettbewerbe wie die damals sehr beliebte Heidefuchsjagd (nach dem "Jagdbereich" Lüneburger Heide) ausgerichtet. Damals wurde manchmal nicht die kürzeste Zeit für das Auffinden der Sender als Siegkriterium herangezogen, sondern die geringste benötigte Fahrstrecke - dieses erhöhte die Verkehrssicherheit beträchtlich. 

Ein Zitat aus der Ausschreibung für die Heidefuchsjagd 1961: 

Der Fuchs sendet am genannten Tage von 1600 Uhr bis 1800 Uhr alle volle 10 Minuten jeweils 2 Minuten in A2 und A3. Die letzte Sendung erfolgt um 1800 Uhr. Ab 1815 gibt der Fuchs mehrfach seine Position bekannt, um a l l e n Teilnehmern ein Zusammentreffen zu ermöglichen. 
Das Jagdrevier hat folgende Begrenzungen: Nördlich Celle, westlich Uelzen, südlich Hamburg-Harburg, östlich Rotenburg. Der Fuchs ist gekennzeichnet durch einen handgestickten Wandbehang mit der Aufschrift: „Bester UKW-Jäger-Heidefuchsjagd 1961“ . 
Nach der Fuchsjagd treffen sich die Teilnehmer in einem Lokal zu einem fröhlichen Umtrunk, wo auch die Preise verteilt werden. Auch für Musik wird gesorgt, weshalb alle XYLs und YLs herzlich eingeladen sind...
Sendefrequenz des Fuchses ist etwa 144,6 MHz. Funkverkehr der Jäger untereinander zum Austausch von Messwerten ist verboten. Der Fuchs hört mit. 

Heidefuchsjagd in den 60er Jahren - man beachte die "Sportbekleidung" !

1964 fand die erste Deutsche Fuchsjagdmeisterschaft bei München (Schusterhäusl) statt. Als Peilsender wurden Mobilstationen eingesetzt und im Wald postiert, denn niemand der Betreiber von röhrenbestückten Sendern wollte die erforderlichen Autobatterien weit tragen. Die mit Zweigen getarnten PKWs waren damals wesentlich leichter zu finden als die heutigen im Waldboden vergrabenen, automatischen Peilbaken.

Zu Anfang der Peilwettbewerbe überwogen noch die Teilnehmer mit Mehrelement-Antennen. Diese mussten bei leistungsbezogenen Wettbewerbe zwangsläufig den unten dargestellten Antennen weichen (hier in der Mitte des Bildes Juliane Schuhegger, DL1TE)
Die von Alois Krischke, OE8AK erprobte und propagierte HB9CV-Antenne war wesentlich handlicher und für den Geländelauf besser geeignet.

1965: Als die ersten Transistor-Familien billig auf dem Markt zu haben waren, bot es sich an, damit Peilempfänger für das 80m-Band zu bauen. Kaufen konnte man in dieser Zeit noch keinen Peilempfänger. 

1966: Zweite Deutsche Fuchsjagdmeisterschaft in Velbert. Wieder wurden Mobilstationen eingesetzt. Moduliert wurde mit einem Tonbandgerät. Es waren damals die ersten Klein-Kassettenrecorder. DJ1MC stellte sie zur Verfügung und hatte die Bänder von seinen freundlichen Mitarbeiterinnen besprechen lassen.
So tönte es beim Wettbewerb dann lautstark aus den Kontrollempfängern: "Fuchs 4, hier ist Fuchs 4 ..."   

Deutsche Fuchsjagdmeisterschaft 1966 - Die Jäger am Start

1967 wurden erstmals Morsegeber zur Sendertastung eingesetzt. Kleine Elektromotoren für eine Batteriespannung von 4,5 Volt trieben eine Blechscheibe, deren Nocken auf einen Tastkontakt wirkten. DL6VO hatte sich das ausgedacht und den Ausrichtern mit der Ausführung dieser Idee Freude gemacht.

Die sportliche Komponente kam immer mehr zum Tragen. Der Monteuranzug ersetzte den Sonntagnachmittag-Ausgehanzug. Als dann Helmut Rehm, DJ5DV, erstmals im Trainingsanzug erschien, ging ein Raunen durch die Reihen der Peilfreunde. Kniebundhose, ja, das sah noch ganz zivil aus, aber den Trainingsanzug hielten viele für übertrieben. Je mehr sich aber die Teilnehmer bei Wettbewerben von den wohlgepflegten Waldwegen entfernen mussten, um so häufiger sah man den Sportdress.

Die HB9CV-Antenne gab es in vielen Variationen. Anfangs waren Antenne und Empfänger noch getrennt. Viele Teilnehmer hängten sich das Gerät um den Hals. Hans Agethen, DL6AS, bevorzugte eine andere Methode.

 

Udo Bauer hatte frühzeitig Antenne und Empfänger zur Einheit zusammengefaßt.
 

1969 wurden erstmals die von Walter Ernst, DJ1MC, konzipierten und gebauten automatischen Peilsender eingesetzt. Natürlich wurden sie noch mit Röhren betrieben, denn Leistungstransistoren waren vom Preis her noch unerschwinglich.
Ein umfunktionierter Wecker übernahm die Fixierung der Stunden und Minuten. Ein Reedkontakt am Sekundenzeiger in Verbindung mit der Papierscheibe eines Fahrtenschreibers am Minutenzeiger, die wiederum, mit einem Loch versehen, Einfluß auf eine Photodiode nehmen konnte, war das Herz der Steuerung (siehe Bild unten). Es war nur eine einfache Strichfolge, die der Sender ausstrahlte. Auch war die Sendezeit nicht so exakt, wie das heutzutage üblich ist. Es war aber ein Anfang. 

Das ist der erste automatisch arbeitende Peilsender von DJ1MC, der Stolz der damaligen Peilgruppe.

Parallel dazu setzte neben der technischen Entwicklung ein Sinneswandel bzgl. der Durchführung von Fuchsjagden ein:

Zitat von Karl Taddey, 1986 : "Im allgemeinen kämpften in dieser Zeit noch die Ausrichter gegen die Teilnehmer. Die Veranstalter machten sich sehr viele Gedanken darüber, wie sie die Teilnehmer irreführen konnten, und die Freude war bei ihnen stets groß, wenn die "Jäger" erfolglos blieben." 
Beispiel: Bei den Peilwettbewerben anlässlich des Bodenseetreffens in Friedrichshafen wurden horizontal gespannte Langdrahtantennen verwendet. Im Nahfeld der Sender war eine exakte Peilung nicht möglich, und daher war bei diesen Wettbewerben mehr Glück als Können für die Plazierung der Teilnehmer entscheidend..  

Langsam wurde in der gesamten Region 1 der IARU die Erkenntnis reif, daß der Wettbewerb unter den Teilnehmer stattfinden sollte und daß die Bedingungen eines Wettbewerbs müssen stets gleich sein sollten.

Bis in die 70er Jahre gab es kein verbindliches Regelwerk zur Durchführung von Peilwettbewerben. Erst 1972 (IARU-Konferenz in Scheveningen) wurden Regeln für die Durchführung von IARU Region 1-Fuchsjagdmeisterschaften („Europameisterschaften“) beschlossen. Diese Regeln wurden in Deutschland übernommen. 

Für das Jahr 1971 übernahm der DARC die Ausrichtung der europäischen Meisterschaft. Der harte Kern des Ortsverbandes Velbert machte sich Wochenende für Wochenende an die Arbeit. Fast ein Jahr wurde gebaut und geübt. Nach den neuen Regeln der IARU (die zwar erst 1972 endgültig beschlossen wurden, aber hier schon zum Einsatz kamen) mußten vier Peilsender im Minutenrhythmus strahlen, und zwar in der ersten Minute eines 5-Minuten-Zyklus MOE, in der zweiten MOI, in der dritten MOS und in der vierten MOH. Die gewaltige Steuermaschine, ausgerüstet mit ca. 25 Stück ausgemusterten Relais-Kombinationen, sorgte für die Aufbereitung der Kennung.
Ein 10 m-Sender übernahm die Fernsteuerung der Peilbaken. Bei jeder Bake befand sich zu deren Steuerung ein kleiner 10m-Empfänger, dazu noch eine Stempeluhr, da nach den damaligen Regeln die zu erreichende Ziellinie noch fehlte, so daß der zuletzt aufgesuchter Fuchs jeweils das Ziel war. Deshalb mußte überall eine Zeitnahme erfolgen.

Die Zeitnehmung erfolgte mit Stempeluhren. Das starke Druckgeräusch der Stempeluhr lockte bei Betätigung die in der Nähe noch suchenden Teilnehmer an, und es begann oft ein "Kampf" um die schnellere Stempelmöglichkeit. 

Das ganze war aus heutiger Sicht umständlich und altmodisch. Sicherlich gab es damals schon bessere Steuerungsmöglichkeiten, jedoch war der Club arm, und außerdem schlug der Hang zum Improvisieren "voll durch".

Nachdem einige Meisterschaften damit durchgeführt worden waren und die Exaktheit der mittels Relais erzeugten Schaltschritte unter der Luftfeuchtigkeit zu leiden begann, litten auch die Betreiber derart, daß sie die Schaltanlage nach einer durchlittenen Deutschen Meisterschaft in Lahr 1973 kurzerhand zum Ausschlachten freigaben.

Die deutsche Mannschaft bei der Europameisterschaft 1971 (v.l.n.r.): 

Udo Bauer, Heinrich Reiß, Gustav Lechner, Dieter Rabis, Bernd Jürgens und Alois Hinterstocker.

1973 wurde das erste Fuchsjagd-Seminar in Duisburg veranstaltet, das immerhin schon von 25 Teilnehmern besucht wurde, und Jahr für Jahr folgten weitere. Die Jugendherberge in Ratingen war oft Mittelpunkt solcher Treffen.

Um sämtliche optische Beeinflussungen auszuschalten, wurde bei den Seminaren die Aufgabe gestellt, mit verbundenen Augen die Peilbake anzugehen.

2. v.l.: Hans Rackwitz, DJ8FF
3. v.l.: Martin Kurz, DK9JP

 

Quellen:

[1] Werner Franz (DL1VW), Fuchsjagden einst und jetzt, DL-QTC 1964
[2] Karl Taddey (DL1PE), 60 Jahre Amateurfunk in Deutschland - fortschreitende Entwicklung auch im Funkpeilsport, cq-DL 5/87
[3] diverse Veröffentlichungen in DL-QTC/cq-DL 1952-1985